Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft – das auditorische Gehirn mit ultrahochauflösendem fMRT entschlüsseln
Prof. Federico De Martino, Maastricht University
Gastgeber: Prof. Jonas Obleser, Institut für Psychologie I
Im Rahmen der CBBM-Lectures sind regelmäßig hochrangige Wissenschaftler aus aller Welt am Lübecker Center of Brain, Behavior and Metabolism (CBBM) zu Gast. In dieser Woche präsentiert Prof. Federico De Martino von der Maastricht University seine Forschung aus den Kognitiven Neurowissenschaften
Eine Schlüsselfunktion unseres Gehirns besteht darin, zukünftige Zustände der Umgebung vorherzusagen, um mit Veränderungen in der Geräuschkulisse umgehen und unser Verhalten entsprechend anpassen zu können. Diese Erkenntnis hat zu einer veränderten Denkweise über die Gehirnfunktion geführt. Das heißt, dass das, was wir wahrnehmen, nicht nur den sensorischen Reiz selbst widerspiegelt, sondern vielmehr eine Kombination aus dem Reiz und einem internen (generativen) Modell seiner Ursachen. Dieser Gedanke hat zu mehreren theoretischen Ansätzen geführt, von denen einige in der prädiktiven Kodierung (Predictive Coding, PC) zum Ausdruck kommen. Beim Predictive Coding wird davon ausgegangen, dass generative Modelle durch den Austausch von Vorhersagefehlern (Feedforward) und Vorhersagen (Feedback) über hierarchische Verarbeitungsstufen hinweg gebildet werden. Elektrophysiologischen Studien belegen die Relevanz, die diese Vorhersagen auf verschiedenen hierarchischen Ebenen haben. Nichtsdestotrotz ist die Evidenz, die die Prinzipien der prädiktiven Kodierung auf grundlegende neuroinformatische Einheiten begrenzt. Das erschwert unser Verständnis darüber, wie prädiktive Kodierung die Verarbeitung von Klängen im Kontext im menschlichen Gehirn unterstützt.
Die ultrahochauflösende funktionelle MRT (UHF MRT) bietet die einzigartige Möglichkeit zu untersuchen, wie Berechnungen in die mesoskopische (kortikale) Architektur des menschlichen Gehirns eingebettet sind. Die laminare fMRT wurde bereits zur Untersuchung prädiktiver Prozesse im menschlichen visuellen Kortex eingesetzt.
In dem Vortrag werden die jüngsten Fortschritte bei der Bildgebung der Hörbahn im Ultrahochfrequenzbereich und die Ergebnisse von Studien, die untersuchen, wie Vorhersagen und Vorhersagefehler in den Schichten der Hörrinde verarbeitet werden, beschrieben. Außerdem wird thematisiert, wie die ultrahochauflösende fMRT mit biophysikalischen und rechnerischen Ansätzen sowie mit anderen bildgebenden Verfahren (MEG) kombiniert werden kann, um weitere Einblicke in die Prozesse zu gewinnen, die unseren Wahrnehmungsfähigkeiten zugrunde liegen.